Heute kommt ein Bericht von Sabour Nadari. Sabour ist aus Afghanistan geflüchtet und hat auf dem Weg nach Deutschland über das Meer fast sein Leben verloren. Er musst seine Verlobte im Iran zurück lassen. Er hat viele unglaubliche Erlebnisse als Geflüchteter erfahren. Trotz dieser Widrigkeiten versucht er, auch mit sprachlichen und vielen anderen Hürden, hier in Deutschland Fuß zu fassen und seine Ausbildung zum Maler & Lackierer erfolgreich abzuschließen.


Mitten in der Innenstadt stand ein beeindruckendes Haus – seine Innenausstattung hatte mehr als ein Jahrhundert überdauert, doch es war frisch renoviert, mit neuer Eleganz und altem Charme zugleich. Als ich durch die schweren Holztüren trat, spürte ich sofort die Geschichte, die in diesen Wänden steckte. Die kunstvollen Stuckleisten, die massiven Türen mit ihren Verzierungen – jedes Detail zeugte von meisterhafter Handwerkskunst.


Meine Aufgabe war anspruchsvoll. Jeder Schliff musste perfekt sein, jede Unebenheit unter der prüfenden Handlampe sichtbar gemacht und ausgebessert werden. Ein Millimeter zu viel und die Schönheit wäre verloren. Es war eine Arbeit, die Geduld und Präzision verlangte – aber genau das machte sie auch erfüllend.
Überraschend war das Klima im Haus. Trotz fehlender Klimaanlage blieb es angenehm kühl, eine Eigenschaft, die von der Qualität der Bauweise sprach. Es war ein klug konzipiertes Gebäude, ein Beweis dafür, wie Wissen und Handwerk über Generationen hinweg Bestand haben.
Aber es war nicht nur die Arbeit selbst, die den Tag so besonders machte. Die Kollegen waren anders als jene, mit denen ich sonst arbeite – lockerer, freundlicher, mit einem entspannten Lächeln, das die Atmosphäre leichter machte. Ich konnte mich ganz auf meine Arbeit konzentrieren, ohne das übliche Misstrauen oder Konkurrenzdenken. Am Ende des Tages bekam ich sogar Lob für meine Präzision, etwas, das selten geschieht und umso mehr Bedeutung hatte.


Während ich meine Werkzeuge zusammenpackte, betrachtete ich noch einmal die Wände, die Türen, die Stuckleisten. Ein Teil von mir war jetzt in diesem Haus, in jeder feinen Schleifspur, in jedem Detail, das ich berührt hatte. Ich verließ das Gebäude mit dem Gefühl, etwas Dauerhaftes hinterlassen zu haben – ein Stück präziser Handwerkskunst, das noch viele Jahre bestehen würde.